Wirtschaftliche Relevanz für kmU
Im Projekt werden biomimetisch-simulationsbasiert Textilstrukturen für neuartige Lösungen zur Feuchteverdunstung, -kondensation und -versorgung von Pflanzen im Gewächshausgartenbau entwickelt und erprobt.
Die zu entwickelnden neuartigen textilen Module sind primär für den Gewächshausgartenbau und den sich etablierenden Urbanen Gartenbau von Nutzen. Viele weitere KMU werden sich für Erfahrungen mit SysML und der anforderungsgetriebenen modellgestützten Produktentwicklung interessieren. Eine neuartige Transfermethode für modellbasierte Entwicklungsergebnisse in die Geschäftsmodelle eröffnet KMU neue Nischenmärkte neben den direkt im Projekt adressierten Branchen auf dem Weg zu Industrie 4.0 wie den Hygienesektor sowie die Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung.
Die Forschungsstellen erwarten folgende innovative Beiträge:
Wirtschaftszweig | Innovationspotenziale |
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Gewächshausgartenbau in Deutschland |
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Ausstatter für Gewächshäuser und Indoor-Kultivierung, … |
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Pflanzsubstrat-Lieferanten |
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Textilindustrie |
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Hersteller von Luftbefeuchtern, Klimatisierungs- und Entfeuchtungsgeräten |
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Produzierende KMU allgemein |
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Die folgenden Abschnitte stellen die jeweiligen Marktpotenziale dar.
Gewächshausgartenbau und Urbaner Gartenbau
Zu den größten Herausforderungen im lokalen Gewächshausgartenbau zählen die Beheizung und Wasseraufbereitung sowie die Reduktion der Luftfeuchte. Weiter gibt es Bestrebungen, möglichst Pflanzsubstrat-Alternativen zu Torf einzusetzen. Sowohl in der Urbanen Landwirtschaft als auch im erdelosen Gewächshaus-Gemüsebau sind weiter biologisch abbaubare Substratalternativen zu Steinwolle und Perlit gefragt. Speziell gestaltete Textilstrukturen bieten hier KMU interessante Nischenmärkte.
Gemüse - und Zierpflanzenbau
Die ~12.200 Gemüse- und Zierpflanzenbauer in Deutschland machen auf einer Anbaufläche von 122.750 ha – davon 3.606 ha unter Glas – einen Umsatz von ca. 3,3 Mrd. €/a. Der Zierpflanzenmarkt im Einzelhandel in Deutschland beträgt bei durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben von 107 €/a ca. 8,6 Mrd. €/a. Pro Kopf werden in Deutschland 97 kg/a Gemüse für 156 €/a konsumiert; der nationale Selbstversorgungsgrad beträgt 36,3 %. Wichtige Herausforderungen im Gewächshausgartenbau stellen der Heizenergieverbrauch und die Vermeidung von Luftfeuchte dar: so sind 0,8 l Heizöl zum Preis von ca. 0,50 € zum Anbau von 1 kg Fruchtgemüse nötig. Die Heizkosten betragen mit ca. 70 €/m²/a das Siebenfache der Heizkosten für Wohnfläche. Es bestehen Marktpotenziale für energiesparende Gewächshaus-Klimatisierungen, ebenso für kompostierbare, kapillarstarke Pflanzsubstrate zum erdelosen Anbau in Hydrokultur und als Ersatz für Torf. Für den Freilandanbau einiger Nutzpflanzen ist eine Ankeimunterstützung sinnvoll. Hier kommen neuartige Vliesstrukturen zur Wassergewinnung aus Bodennebel infrage.
Urbaner Gartenbau
Weltweit gewinnt der Urbane Gartenbau durch Landflucht, Bürgerkriege und die Reduktion landwirtschaftlicher Anbauflächen aufgrund des Klimawandels zunehmende Bedeutung: so werden im Jahr 2050 auf der Erde ca. 9,5 Mrd. Menschen leben. Zum Decken des steigenden Nahrungsbedarfs müsste eine zusätzlich Fläche von der Größe Brasiliens bewirtschaftet werden. Eine Möglichkeit ist hierbei die Integration des Nahrungsmittelanbaus in die Städte: Despommier schätzt den weltweiten jährlichen Umsatz im Sektor derzeit auf 2 Mrd. US$; in 10 Jahren aber auf 50-100 Mrd. US$. Zwar steht in Deutschland bislang die lokale, nachhaltige Produktion von Obst, Gemüse und Kräutern – oftmals zum Eigenkonsum – auf Feldern im Vordergrund, jedoch wird langfristig die Verstädterung zunehmen, auch wird zunehmend landwirtschaftliche Rohstoff-Anbaufläche für biobasierte Kunststoffe und -treibstoffe benötigt werden.
Eine bisher kaum genutzte Marktnische ist der innerstädtische Pflanzenbau in Gewächshäusern und Beeten auf Flachdächern. Herausforderungen in der städtischen Landwirtschaft stellen dabei u.A. artspezifisch abgestimmte Anbaumethoden und Technologien – wie die Bereitstellung von aufbereitetem Wasser, die Gewächshausbeheizung im Winter und -kühlung im Sommer – dar.
Mittlerweile finden sich neben Designstudien auch erste Produkte zum bodenlosen Anbau von Gemüse und Kräutern für den Eigenbedarf in Wohnungen – es entwickelt sich also ein ernstzunehmender Markt für spezielle Anlagen und Pflanzsubstrate. Auch hier eröffnen die geplanten Module eine Reihe neuartiger Möglichkeiten. Bislang gibt es jedoch kein Baukastensystem zur Verwendung von hochmineralisiertem Wasser im Urbanen Gartenbau – hier hat die mineralfreie Feuchteversorgung von Pflanzen auf nährstoffintensiven Substraten Potenzial.
In den immer dichter gebauten Städten ist es oftmals 5-10 °C wärmer als außerorts – verdunstungsbasierte Kühlmöglichkeiten wie innerstädtisches Grün verbessern das innerstädtische Klima erheblich. Auch hier bieten der Urbane Gartenbau sowie spezielle Pflanzsysteme für urbanes Grün bisher kaum genutzte Marktpotenziale.
Einen weiteren Markt können kapillarkinetisch optimierte Pflanzsubstrate für Moose zur Feinstaubbindung darstellen: hohe Feinstaubbelastungen sind nicht nur in der Metropolregion Stuttgart, sondern auch in Nordrhein-Westfalen und Sachsen, in Berlin, München, Paris, Mailand, Warschau sowie flächendeckend in China ein Problem.
Textilhersteller
Textilproduzierende KMU profitieren wie folgt direkt von den Projektergebnissen:
- Sie erhalten systemisch zusammengestelltes Basiswissen zur thermodynamisch-konstruktiven effizienten Gestaltung von Verdunster-, Kondensations- und Feuchtever-teilstrukturen für neuartige, optimierte textile Halbzeuge zum Umgang mit Luftfeuchte.
- Weiter zeigt das Projekt beispielhaft Szenarien zur komplett modellbasiert-digitalen Produktentwicklung für Halbzeug-produzierende KMU sowie für
- neuartige Märkte im Gartenbausektor mit einem Gesamtvolumen von ca. 0,7 Mrd. €/a und in der Gebäudeklimatisierung mit ca. 0,4 Mrd. €/a auf.
Weitere Marktpotenziale
Weitere Marktpotenziale ergeben sich z.B. im Hygienesektor mit ca. 0,3 Mrd. €/a, ebenso in der Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung mit ca. 0,8 Mrd. €/a und voraussichtlich auch bei Substraten für Feinstaub-bindende Moose.